05/2020 BGH über die wirtschafltiche Information des Patienten bei Außenseitermethoden |  Die in § 630 c III 1 BGB kodifizierte Pflicht des Behandlers zur wirtschaftlichen Information ...

Trompetenspiel im Treppenhaus

Der Kläger bewohnt ein Reihenhaus in einem Wohngebiet. Die Beklagten sind Eigentümer und Bewohner des Nachbarhauses. Der Beklagte ist Berufsmusiker – Trompete -. Er übt im Erdgeschoss und in einem Probenraum im Dachgeschoss Trompete, nach eigenen Angaben maximal 180 Minuten am Tag und regelmäßig nicht mehr als an zwei Tagen pro Woche unter Berücksichtigung der Mittags- und Nachtruhe. Zudem unterrichtet er 2 Stunden wöchentlich externe Schüler.

Der BGH hat das dem Unterlassungsantrag entsprechende vorangegangene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Dabei hat er sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Das Landgericht hatte festgestellt, dass das Trompetenspiel des Beklagten im Wohnzimmer des Klägers nicht und im Schlafzimmer nur leise zu hören sei; in den übrigen Räumen als schwache Zimmerlautstärke. Im Ausgangspunkt steht dem Kläger zwar ein Unterlassungsanspruch zu, dieser ist jedoch ausgeschlossen, wenn sich im Haus des Klägers nach dem Empfinden einen „verständigen Durchschnittsmenschen“ keine als wesentlich wahrnehmbare Beeinträchtigung feststellen lässt. Das häusliche Musizieren einschließlich des Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung und ist aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ in gewissen Grenzen hinzunehmen, weil es einen wesentlichen Teil des Lebensinhaltes bildet und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein kann. Es gehört – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen- zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit. Ein Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen kann im Ergebnis nur durch eine ausgewogene zeitliche Begrenzung des Musizierens herbeigeführt werden. Dabei hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker.
Wie die zeitliche Regelung im Einzelnen auszusehen hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Ausmaß der Geräuscheinwirkung, der Art des Musizierens und den örtlichen Gegebenheiten; eine Beschränkung auf 2-3 Stunden an Werktagen und 1-2 Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung der üblichen Ruhezeiten in der Mittags- und Nachtzeit kann als grober Richtwert dienen. Ein nahezu vollständiger Ausschluss für die Abendstunden und das Wochenende, wie ihn das Berufungsgericht vorgesehen hat, kommt nicht in Betracht. Dies ließe nämlich außer Acht, dass Berufstätige, aber auch Schüler häufig gerade abends und am Wochenende Zeit für das Musizieren finden.

Das Landgericht hat nun Feststellungen dazu zu treffen, welche Störungen durch den Musikunterricht entstehen und damit es die Zeiten, zu denen musiziert werden darf, abschließend festlegen kann.

BGH, Urteil vom 26.10.2018, V ZR 143/17

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