05/2020 BGH über die wirtschafltiche Information des Patienten bei Außenseitermethoden |  Die in § 630 c III 1 BGB kodifizierte Pflicht des Behandlers zur wirtschaftlichen Information ...

Streit zwischen privaten Krankenversicherern und Krankenhäusern: Zu Unrecht für die Herstellung von Krebsmedikamenten gezahlte Umsatzsteuer kann unter Umständen teilweise zurückgefordert werden

Der Bundesgerichtshof hat am 20.2.2019 entschieden, dass eine – tatsächlich nicht angefallene – Umsatzsteuer, die für patientenindividuell angefertigte Zytostatika im Rahmen einer ambulanten Krankenhausbehandlung seitens der Apotheke des Krankenhauses als Teil der geschuldeten Vergütung berechnet worden ist, unter bestimmten Voraussetzungen – abzüglich des nachträglich entfallenden Vorsteuerabzuges der Krankenhausträger zurückzugewähren ist. Dies ergibt sich aus einer gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung der getroffenen Vereinbarung.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat sämtliche Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an das jeweilige Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die jeweils getroffenen Vereinbarungen zwischen Patient und Krankenhausträger über die Vergütung für die Verabreichung von Zytostatika sind als Bruttopreisabreden einzuordnen, bei denen der darin eingeschlossene – tatsächlich aber nicht angefallene – Umsatzsteueranteil nur einen unselbständigen und damit ( anders als bei einer Nettopreisabrede = nicht automatisch rückforderbaren Vergütungsbestandteil darstellt.
Unter Berücksichtigung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien statt der angesetzten Vergütung hypothetisch einen um die Differenz zwischen Umsatzsteueranteil und vorgenommenem Vorsteuerabzug verminderten Preis vereinbart hätten.

Daher ist nach erfolgter Zurückverweisung nun von den Berufungsgerichten zu klären, ob und in welcher Höhe auf die getätigten Umsätze bezogene Vorsteuerabzüge von den beklagten Krankenhausträgern vorgenommen worden sind.

In bestimmten Fällen können dem Krankenhausträger allerdings erhebliche finanzielle Nachteile aus der Festsetzung von Nachzahlungszinsen auf den rückwirkend entfallenden Vorsteuerabzug drohen. Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die zulasten der Krankenhausträger auf die nachzuentrichtenden Vorsteuerabzugsbeträge vom Finanzamt festzusetzende Zinsen der Höhe nach einen Betrag erreichen, der der Differenz zwischen gezahlter Umsatzsteuer und entfallendem Vorsteuerabzug entspricht. Bei einer solchen Sachlage hätten die Vertragsparteien aller Voraussicht nach keine abweichenden Preisvereinbarungen getroffen. Hier scheidet dann eine ergänzende Vertragsauslegung aus.

Es ist daher nun im Rahmen der zurückverwiesenen Verfahren – gegebenenfalls durch Einholung einer Auskunft der zuständigen Finanzämter – weiter aufzuklären, ob und in welcher Höhe diese im Rahmen ihrer Spielräume Nachzahlungszinsen erheben werden, die gegebenenfalls einer ergänzenden Vertragsauslegung und damit einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch der Patienten entgegenstünden.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 20.2.2019 zu den Aktenzeichen VIII ZR 115/18 und VIII ZR 189/18

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