05/2020 BGH über die wirtschafltiche Information des Patienten bei Außenseitermethoden |  Die in § 630 c III 1 BGB kodifizierte Pflicht des Behandlers zur wirtschaftlichen Information ...

BGH zur Haftung nach unzureichender Aufklärung von Organgspendern vor einer Lebendspende

Die Klägerin spendete ihrem an einer chronischen Niereninsuffizienz leidenden Vater eine Niere. Später kam es zum Transplantatverlust beim Vater. Die Klägerin behauptet in Folge der Organspende an einem chronischen Fatigue-Syndrom und an Niereninsuffizienz zu leiden und macht formal wie inhaltlich eine unzureichende Aufklärung geltend.

Obwohl vorliegend Verstöße gegen die Vorgaben des § 8 II 3 und 4 TPG bestanden, da kein neutraler Arzt beim Aufklärungsgespräch dabei war und keine unterschriebene Niederschrift über das Aufklärungsgespräch vorlag – begründen diese Verstöße noch nicht eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Es handelt sich nämlich nur um Form- und Verfahrensvorschriften, welche die Pflicht des Arztes zur Selbstbestimmungsaufklärung des Spenders begleiten.
Da vorliegend die Klägerin wegen der eigenen Nierenfunktionswerte nicht über die für sie bestehenden gesundheitlichen Gefahren aufgeklärt und auch nicht über das bei ihrem Vater erhöhte Risiko des Transplantatverlustes gesprochen worden war, sah der BGH die erteilte Einwilligung in die Organentnahme als unwirksam und den Eingriff somit als rechtswidrig an.
Für den Einwand der hypothetischen Einwilligung ist nach Auffassung des Gerichtes kein Raum, Der Einwand der hypothetischen Einwilligung ist im Transplantationsgesetz nicht geregelt, die im Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätze lassen sich zudem nicht einfach auf die Lebendorganspende übertragen. Der Einwand ist auch nicht nach dem allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsatz des rechtmäßigen Alternativverhaltens beachtlich, weil dies dem Schutzzweck der erhöhten Aufklärungsanforderungen bei Lebendspenden widerspräche.

BGH, Urteil vom 29.01.2019, VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17

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